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Konsum, Alltag und Globalisierung

Warum ich meinen PDA verkaufe

22. Januar 2006 um 16:24 von Ralph

Mein erster PDA, 1999, ein Palm V, garantierte mir Aufmerksamkeit, wenn ich ihn zückte. Damals hätte ich Verkaufsgespräche führen können, so pries ich ihn an, so begeistert und entzückt war ich. Nur der Stift, der irritierte. Ob das denn nicht mühselig sei? Ach wo, schaut her, das geht doch schon ganz gut, entgegnete ich und schwelgte im Segenreich der Technik. Keine Adressen in neue Kalender mehr umschreiben, jederzeit und überall Notes für die Nachkommen schreiben und Aussicht auf E-Books, Email und Surfspaß. Personal Digital Assistant sei Dank!

Im Laufe der Jahre benutzte ich verschiedene Palm-Geräte, denn die Dinger veralteten schneller als ich Tippen konnte. Die höhere Auflösung des Bildschirms, bessere und umfangreichere Software, ja vor allem immer mehr RAM, RAM und RAM und sogar integrierte Mini-Tastaturen weckten ein unbezwingbares Begehren, so dass ich schliesslich beim Tungsten C landete. Wie begeistert las ich da in den ersten Wochen E-Books bis der Hals zur Unbeweglichkeit erstarrte. Ich habe noch nie soviel gelesen und gleichzeitig gespielt. Ich schrieb sogar begeisterte Artikel über Software wie Wörterbücher, die mir beim Übersetzen halfen, auch wenn ich diese Hilfe kaum in Anspruch nahm. Und als ich wieder Laufen ging, trug ich Werte ein und ließ mir Diagramme anzeigen. Das Highlight eine Zeit: Emails über Handy abrufen und Antworten darauf schreiben. Für teures Geld zwar und Elend langsam, aber war das nicht cool? Sogar im Ausland! Für sehr teures Geld zwar, aber es funktionierte! Nur als ich einmal vergessen hatte, diverse Mailinglisten abzubestellen, hörte der Spaß auf, zumindestens für meine Frau, die ich auch mit dem Vorlesen der Emails nicht mehr trösten konnte.

Und was ich alles mitschleppte in den Urlaub und auf Kurztrips, um Digitalkamera, Palm und Handy mit Strom zu versorgen! Ladegeräte für Auto und Ferienwohnungen! So allmählich verlor ich den Durchblick im Kabelgedöns. Aber im Laufe der Zeit vergass ich verdächtigerweise den so hoch geschätzten Tungsten immer öfter und sogar die Unmöglichkeit, ihn mit meinem neuen Mac zu synchronisieren, tat mir nicht wirklich weh. Auch die neuen Geräte, die höhere Auflösungen versprachen, noch designeter schienen und cooler, kleiner, geiler waren, weckten keine Begehrlichkeiten mehr und damit neue Begeisterungsstürme mit PDA-Liebhab-Phasen. Was war passiert? Wollte ich nicht jeden Tag daran denken, dass der Tungsten C schlechter verarbeitet war als mein erster Palm? Wollte ich verdrängen, dass das Gerät nach 3 Wochen dringend aufgeladen werden musste, obwohl es ausgeschaltet war? Eine Tatsache, die kurzzeitig Sehnsucht nach dem robusten Klassiker Palm V aufkommen liess, der wahrnehmbar keinen Strom verbrauchte, wenn er ausgeschaltet war.

Im Laufe der Zeit machte es dann Klick im Kopf und ich gestand mir ein, dass ich keinen PDA benötige, vor allem als freiberuflicher Webdesigner nicht, der vorwiegend im trauten Heim arbeitet. So kam es, dass ich beschloss, den Tungsten C zu verkaufen, mit Software, ich darf nicht an die Preise denken. Eine ausklappbare Tastatur (den Klassiker) lege ich noch dazu. Damit hatte ich einst einen Kunden stark beeindruckt, als ich mir damit 10 Wörter eines Gesprächs notierte. Meine Adressen landen derweil in einem richtigen Adressbuch und für gelegentliche Notizen habe ich mittlerweile einen Kalender aus echtem Papier und ohne Alarm, den man auch zum Nordpol mitnehmen kann. Ohne Ladegeräte, Adapter und Speicherkarten versteht sich.

Thematik: Konsumerfahrung . .

1 Kommentar

  • 1. Die Technik, der iPod Tou&hellip | 27.10.08 um 21:43

    […] ist ein Heidenspaß an coole technische Finessen, der geteilt werden will. Dann plötzlich schwöre ich Geräten ab, singe Spottlieder auf die iDiotie, um dann doch wieder dem Reiz des Neuen zu verfallen. Tausend […]