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Beiträge zum Thema G8 2007

Re: G8: Wie produziere ich „linke Terroristen“?

14.06.07 um 14:36 von Ralph

tornado.jpg Anscheinend gibt es hierzulande doch noch gewisse Grenzen im Umgang mit den radikalen Kritikern der Globalisierung, sonst würde der „G8-Tornadoeinsatz“ gegen friedliche politische Camper nicht diese hohe Empörungswelle bei Kommentatoren in den etablierten Medien ausgelöst haben. Joachim Wagner vom NDR wuchs gestern in den tagesthemen förmlich über sich hinaus und Claus Christian Malzahn von Spiegel online schreibt unter dem Titel Big Brother im Tiefflug recht sarkastisch – sehr gut im Zusammenhang mit dem Artikel Sturzflug in die Grauzone zu lesen:

Wie produziere ich eine neue Generation von linken Terroristen? Ich ordne wegen eines gefälschten Schülerausweises Hausdurchsuchungen an, sperre Weltverbesserer in Käfige und lasse Zeltbewohner von Kampfjets ablichten. Der Rest kommt schon von selbst.

Bildnachweis: Spiegel online

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Re: G8: Tornado, T-Shirt und Faustschläge

12.06.07 um 21:24 von Ralph

Gefährliches T-Shirt Tornados fotografierten Anti-G8-Camp im bis 150 Meter erlaubten Tiefflug. Auf Neudeutsch war das „Amtshilfe“, ein genialer Begriff, der zunehmend als Tarnwort für den Bundeswehreinsatz im Innern eingesetzt wird. ++ Wegen eines T-Shirts mit Piratenlogo durfte ein schwedischer Jurist nicht nach Deutschland einreisen, er wollte zum alternativen G8-Gipfel. Bei dem Aufdruck handelte es sich um das Logo der schwedischen Anti-Copyright-Organisation Piratbyrån. ++ Gezielte Faustschläge gegen friedliche Demonstranten gehören zur gewaltbereiten „Deskalationsstrategie“ der „G8-Sonderpolizeibehörde Kavala“. Kleine aufschlussreiche Notiz am Rande: 90 Prozent der 1200 Käfiggefangenen „seien von den Gerichten nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuß gelassen worden“. Zum Vergleich und zur Tradition des deutschen Nachkriegsstaates in Sachen Willkür und Gewalt empfehle ich vor allem den Wellness-Journalisten einen Artikel, der weitaus besser ist als seine Überschrift: Der Student Benno Ohnesorg wurde vor 40 Jahren Opfer einer Polizeikugel.

Weitere Konsumblog-Beiträge zum Thema unter G8 2007

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G8-Fotos von Timo Vogt

12.06.07 um 20:42 von Ralph

Empfehlenswert die Fotoserie G8 Summit – Heiligendamm von Timo Vogt, siehe auch seine sonstigen hervorragenden Bildreportagen auf randbild.de.

Das folgende Foto zeigt nun nicht eine russische Polizeieinheit auf der Jagd nach Schwulen und Demokraten, nein, es ist schwarze Polizei aus der Bananenrepublik Deutschland, die den durch friedlich blockierende G8-Kritiker gefährdeten Hochsicherheitszaum beschützen wollten.

randbild-foto.jpg

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G8: Dokumentierte Polizeigewalt III – Eine typische Genuahaltung

12.06.07 um 13:54 von Ralph

jw-polizeigewalt.jpg
junge Welt: »Verpiß dich, du Arschloch«. Foto: Christoph Gollasch

Wie sagte Ulla Jelpke treffend im Interview zur Arbeit der Polizeiführung in Rostock.

„Durch die Pressearbeit wurde zudem nicht nur die Öffentlichkeit belogen, sondern auch die eingesetzten Polizeibeamten vor Ort in Panik versetzt. Ich denke es ist nur logisch, dass ein Polizeibeamter aggressiver agiert, wenn ihm zuvor erzählt wurde, Demonstranten würden versuchen ihn mit Säure zu beschießen.“

Noch einmal junge Welt: Ein Interview mit dem Arzt Michael Kronawitter, der gegen seine Verhaftung klagen will: »Wir wurden wie Hunde behandelt«. Edit: Mit Polizei-Willkür hat das natürlich rein gar nichts zu tun.

Weiterer Beiträge zum Thema:
G8: Dokumentierte Polizeigewalt II
G8: Dokumentierte Polizeigewalt I
“Armselige Leistung die Medien” und Gewalt der Polizei

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Staatsinteresse Eskalation

11.06.07 um 20:52 von Ralph

Interview mit Ulla Jelpke, der innenpolitischen Sprecherin der Links-Fraktion im Bundestag. Sie berichtet u.a über das eskalative Vorgehen der Polizei in Rostock und während der Blockaden bei Heiligendamm und die Entdeckung des „Schwarzen Blocks“ durch die Medien.

Konsumblog: Wie bewerten Sie das Vorgehen der Polizei auch im Hinblick auf Ihre Erlebnisse vor Ort? Was kritisieren Sie an der „Kalava“?

Ulla Jelpke: Man kann die Vorgänge in Rostock nicht isoliert betrachten. Die Polizei und die Bundesregierung haben schon im Vorfeld des Gipfels die Situation gezielt angeheizt. Durch das permanente Beschwören von Gewalt und durch die gezielte Repression gegen den radikalen, den Kapitalismus ablehnenden Teil der Bewegung wurde eine Stimmung geschaffen, die genau das Gegenteil von Deeskalation war.

Zu Beginn der Demonstration am 2. Juni hat sich die Polizei dagegen in der Tat zurückgehalten. Direkt nach den ersten kleinen Ausschreitungen ist diese Linie jedoch vollkommen gekippt, Einheiten der Polizei stürmten immer wieder auf den Kundgebungsplatz und verunmöglichten so, dass die Veranstaltung auf der Bühne fortgesetzt werden konnte.

In der Woche der Blockadeaktionen konnte von einer Deeskalationsstrategie keine Rede mehr sein. Kontinuierlich wurden im gesamten Gebiet um Rostock Personenkontrollen durchgeführt, schon das Mitführen von Funkgeräten oder Sonnenbrillen reichte der Polizei als Grund für eine Ingewahrsamnahme aus. Nach Schätzung des Anwältlichen Notdienstes erfolgten 95 Prozent dieser Ingewahrsamnahmen rechtswidrig und wurden richterlich aufgehoben. Bei den Blockaden selbst ging die Polizei teilweise äußerst brutal gegen alle Versammlungsteilnehmer vor und setzte Wasserwerfer auch gegen friedliche Versammlungen ein.

Skandalös war zudem die eskalative Pressearbeit der Polizei. Kontinuierlich wurden Falschmeldungen verbreitet, die allen Anschein nach das Ziel hatten, die Proteste in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Dies begann mit der maßlosen Übertreibung der bei den Ausschreitungen am 2. Juni verletzten Polizisten. Während Polizeisprecher zuerst von über 40 schwer verletzten Beamten sprachen, bestätigte die Polizei Tage später Presseberichte, wonach lediglich zwei Polizisten stationär behandelt werden mussten. Auf der Grundlage der falschen Zahlen wurde jedoch in der politischen Landschaft wie wild über eine weitere Aufrüstung der Repressionsorgane debattiert, etwa den Einsatz der GSG 9 bei Demonstrationen. Die Clownsarmy, die aufgrund ihres fröhlich – antiautoritären Charakters in den Medien positive Resonanz hervorrief, wurde beschuldigt, Säure auf Polizeibeamte zu verschießen; Demonstranten sollen Kartoffeln mit Nägeln gespickt und an dem Blockadepunkt „Galopprennbahn“ Molotov-Cocktails gelagert haben. Alle diese Mitteilungen erwiesen sich im Nachhinein als falsch.

Durch die Pressearbeit wurde zudem nicht nur die Öffentlichkeit belogen, sondern auch die eingesetzten Polizeibeamten vor Ort in Panik versetzt. Ich denke es ist nur logisch, dass ein Polizeibeamter aggressiver agiert, wenn ihm zuvor erzählt wurde, Demonstranten würden versuchen ihn mit Säure zu beschießen.

Konsumblog: Am Freitag den 8.6. hat die Polizei von Mecklenburg-Vorpommern den Einsatz eines eingeschleusten Zivilpolizisten bei einer Blockade „vor der Kontrollstelle Galopprennbahn“ bestätigt. Die Demonstranten werfen dem Zivilpolizisten Aufstachelung zur Gewalt vor. Die Polizei widerspricht und rechtfertigt den verdeckten Einsatz als „Bestandteil der Deeskalationsstrategie“. Das nährte Spekulationen, dass auch im „Schwarzen Block“ am 2. Juni in Rostock verdeckte Ermittler im Einsatz gewesen sein könnten, vielleicht auch als „Agent Provocateurs“. Was wissen und denken Sie darüber?

Ulla Jelpke: Ich selbst habe die Entlarvung des Provokateurs nicht persönlich erlebt. Allerdings ist die Szene ja sowohl von Journalisten als auch durch Anwälte des „Legal-Teams“ gut dokumentiert. Dass die Polizei zahlreiche Zivilpolizisten einsetzt, ist bekannt und wird auch offiziell zugegeben. Die in diesem Zusammenhang relevante Frage ist deshalb, ob diese Zivilpolizisten auch als „Agent Provocateur“ agieren, also versuchen, die Situation aufzuwiegeln und militante Auseinandersetzungen zu starten. Das Vorgehen ist aus zahlreichen Ländern bekannt und hat letzten Endes zum Ziel, die Bewegung in der Öffentlichkeit als gewalttätig darzustellen, sie so zu diskreditieren und gleichzeitig die staatliche Repression zu rechtfertigen.

Die Bundesregierung hat mir in einer Kleinen Anfrage zu den Polizeieinsätzen in Heiligendamm, die ich drei Wochen vor dem Gipfel gestellt habe, geantwortet, „Agent Provocateurs“ würden in Deutschland grundsätzlich nicht eingesetzt. Anscheinend kann man nun durch den Vorfall an der Galopprennbahn beweisen, dass exakt das Gegenteil der Fall ist.

Interessant an dem Vorfall ist auch, dass die dortige Blockade ausdrücklich ein deeskalatives und gewaltfreies Konzept hatte, auf das sich alle Teilnehmer zuvor verbindlich festgelegt hatten. Die Situation an der Blockade war auch die ganze Zeit über sehr entspannt. Sollte sich bewahrheiten, dass die Bremer Zivilpolizisten die Blockierer gezielt zu Gewalt aufgefordert haben, würde dies ein Eskalationsinteresse der Polizei belegen.

Ob Zivilpolizisten auch an den Auseinandersetzungen am Rande der Großdemonstration beteiligt waren, kann momentan nicht sicher bewiesen werden. Es gibt jedoch zahlreiche Videoaufnahmen und Berichte von Demonstrationsteilnehmern, die den Schluss nahe legen.

Konsumblog: Stichwort „Gefangenensammelstellen“. Der Republikanische Anwaltsverein hat das gesetzeswidrige Verhalten der Polizei kritisiert. So wurde den „Gefangenen“ der Kontakt zu Anwälten verweigert. Was wissen Sie über die Vorkommnisse in diesen Gefangenensammelstellen und wie bewerten Sie das Verhalten der Polizei?

Ulla Jelpke: In Rostock wurden in der letzten Woche zahlreiche Grundrechte ausgehebelt. Hierzu gehört auch, dass Rechtsanwälten zumindest in einer Gefangenensammelstelle der Zugang zu ihren Mandanten unter fadenscheinigen Gründen verwehrt wurde. Auch ist ein Fall bekannt, in dem ein Rechtsanwalt weggeprügelt wurde, als er bei einer Blockade den Namen eines Gefangenen erfahren wollte.

Über die Zustände in den Gesas ist ja mittlerweile zum Glück einiges an die Öffentlichkeit gedrungen. Die Zustände entbehren jeglicher Beschreibung. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Käfige eigentlich nur zur „vorübergehenden“ Unterbringung, von Gefangenen dienen sollten, Personen dort jedoch regelmäßig über zwölf Stunden festgehalten wurden, ist die Vorgehensweise mit menschenrechtlichen Standards unvereinbar.

Konsumblog: Gibt es Anzeichen, dass die Bundeswehr in Heiligendamm illegal eingesetzt wurde?

Ulla Jelpke: Die Bundeswehr hat bei ihrem Einsatz zum G8 Gipfel zahlreiche klassische Polizeiaufgaben übernommen. So erstellten Panzerspähwagen im Auftrag der Polizei Lagebilder, nach Berichten von Demonstranten kreisten auch Hubschrauber der Bundeswehr zu Aufklärungszwecken über den Blockaden. Die Bundeswehr hat damit direkt auf die Einsatzgestaltung der Polizei Einfluss genommen und so die „logistische Unterstützung“ und die „Amtshilfe“, die sie laut Art. 35 in Friedenszeiten leisten darf, weit überschritten. De facto haben wir demnach einen, wenn auch kleinen, Einsatz der Bundeswehr im Inneren erlebt, was eindeutig grundgesetzwidrig ist.

Konsumblog: Wie bewerten Sie die Berichterstattung der etablierten Medien wie Nachrichtensendungen, Presseagenturen und Online-Presse.

Ulla Jelpke: Die bürgerlichen Medien haben sich leider zu einem großen Teil auf die Meldungen der Polizei verlassen und diese unkritisch übernommen. Hierdurch kursierten auch die zahlreichen Falschmeldungen der Polizei als angebliche Fakten in der Presse.

Zudem kam es insbesondere bei der Großdemonstration am 2. Juni zu einer vollkommen verzerrten Darstellung der Ereignisse. Viele Berichte verzichteten auf eine sachliche Darstellung der Ereignisse und weckten den Eindruck bürgerkriegsähnlicher Zustände. Dies war jedoch, und mittlerweile wird dies größtenteils auch eingeräumt, definitiv nicht der Fall.

Konsumblog: Auf vielen Demos habe ich erlebt, dass mit „schwarzen Blöcken“ keine Gewalt eskalieren muss, wenn die Polizeiführung es nicht will. Haben Sie eine Erklärung dafür, dass es gerade jetzt in dem Ausmaß passiert?

Ulla Jelpke: Selbstverständlich muss die Situation nicht eskalieren, nur weil ein „Schwarzer Block“ an der Demonstration beteiligt ist. Auch wenn es so scheint, dass der „Schwarze Block“ gerade erst Eingang in die bürgerlichen Medien gefunden hat, existiert die Bewegung der Autonomen schon seit über 20 Jahren. Dennoch kommt es ja nicht kontinuierlich zu Straßenschlachten. Dass es auf der Demonstration am Samstag zu lang andauernden Auseinandersetzungen gekommen ist, lag aus meiner Sicht primär in der schon im Vorfeld massiv aufgeheizten Stimmung.

Konsumblog: Wenn Eskalation politisch gewollt wäre, wie kann man sich das naiv gefragt vorstellen? Hat Herr Schäuble mit der Polizeiführung in Heiligendamm ein geistiges Band gestrickt? Wären personelle Verstrickungen zwischen Politikern und Polizei aufzuspüren? Oder hat sich eine Eigendynamik entwickelt, die mit den bundesweiten Razzien gegen G8-Protestgruppen am 9. Mai 2007 begann?

Ulla Jelpke: Ich denke, von allem etwas. Natürlich besteht von staatlicher Seite ein Interesse daran, zu einer Eskalation beizutragen. Sonst wäre schon im Vorfeld ganz anders agiert worden. Wegen des Abbrennens mehrerer Autos und dem Verüben von Farbanschlägen auf Häuser in verschiedenen Städten nahezu die gesamte Infrastruktur des radikalen Anti-G8–Spektrums zu durchsuchen, zeigt dies deutlich. Selbst ein Polizeipsychologe hat die Panikmache im Vorfeld des Gipfels massiv kritisiert. Dennoch hat sich insbesondere nach den Razzien auch eine gewisse Eigendynamik entwickelt. Mit einer solch großen Empörung, die bis weit in das bürgerliche Lager hineinreicht, hatten die Sicherheitsbehörden anscheinend nicht gerechnet.

Konsumblog: Was werden und können Sie als Abgeordnete tun, um bei der Aufklärung polizeilicher Gewalt und Provokationen mitzuhelfen?

Ulla Jelpke: Natürlich versuche ich, polizeiliche Gewalt und Provokationen soweit es geht aufzudecken. Die parlamentarischen Kontrollinstrumentarien erweisen sich hierbei jedoch als relativ stumpf. Erstens liegt die Kompetenz weitgehend bei den einzelnen Bundesländern und zweitens zeigt sich die Bundesregierung bei diesem Thema sehr zugeknöpft.
Dennoch werden die Ereignisse um Heiligendamm ein parlamentarisches Nachspiel haben. Momentan bereiten wir mehrere Kleine Anfragen zu der Aussetzung der Grundrechte und dem Einsatz der Bundeswehr vor. Natürlich thematisieren wir die Geschehnisse auch in den entsprechenden Ausschüssen, zudem planen wir mit den Betroffenen eine Anhörung in der Fraktion.

Das wichtigste ist jedoch, die Öffentlichkeit für diese Problematik zu sensibilisieren und Übergriffe zu dokumentieren. Gerade bei den Blockaden um Heiligendamm hat sich wieder einmal gezeigt, dass die Polizei bei gewaltsamem Vorgehen die Präsenz von Medien fürchtet. So berichten Medienvertreter, sie wären von der Polizei daran gehindert worden, die Räumung von Blockaden zu dokumentieren. Bei Aktionen des zivilen Ungehorsams ist deshalb ein offensives Umgehen mit den Medien oftmals sehr sinnvoll, da so die Hemmschwelle der Polizisten zur Anwendung von Gewalt steigt.

Konsumblog: Vielen Dank für das Interview.

ulla-jelpke.jpg Ulla Jelpke, die seit 1990 über die Landesliste Nordrhein Westfalen in den Bundestag gewählt wird, habe ich das erste Mal 2002 als engagierte Politikerin wahrgenommen. Sie setzte sich als eine der wenigen Politiker für das Bleiberecht der Roma in Nordrhein Westfalen ein, deren Protest wir über Monate in Düsseldorf und Essen mit der aktion roma unterstützt hatten.

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Nachhall G8-Protest

11.06.07 um 01:15 von Ralph

Hier ein weiteres Video zum Thema Polizeigewalt, die Einheit 2422 arbeitet nicht zimperlich. Bemerkt habe ich zweimal, wie Ordner der Demonstranten (vermute ich) bereits zu Boden geschlagene Demonstranten helfen.

Blogger bleiben am Ball: Der zweite Teil: Chronologie einer Falschmeldung II unter anderem mit einer keiner Antwort aus der WAZ-Redaktion, siehe dazu auch das Pottblog.

Im Mark Seibert:Logbuch wird kontrovers über das immer häufiger zitierte Video diskutiert, auf dem ein Polizeiwagen massiv angegriffen wird. Nachdem die Angreifer sich zurückziehen, fährt der Wagen los, aber irgendwie locker, kann auch täuschen. Aber trotzdem wirft das Video Fragen auf.

Chris vom F!XMBR mit einem Beitrag über einen Kommentar von Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung: Der artgerechte Staat. Ein paar Worte gegen die Fanatiker der „inneren Sicherheit“ und der Ruf nach den friedlichen Bürgern, die sich den Abbau des Rechtsstaats nicht mehr gefallen lassen“ sollen.

Und man stelle sich vor, auch die russische Tageszeitung Kommersant hat sich ein Bild über die friedfertige deutsche Polizei gemacht. Man könnte das auch als zynisches Auslachen interpretieren, denn in Russland herrschen sie mit Mitteln, die sich hier mancher Bruder Schäuble wohl wünscht. Der Eindruck kann entstehen.

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G8: Dokumentierte Polizeigewalt II

9.06.07 um 22:12 von Ralph

Unter “Armselige Leistung die Medien” und Gewalt der Polizei hatte ich vor einigen Tagen ein Foto zitiert, das einen Polizisten dabei zeigt, wie er einen sitzenden Demonstranten aus nächster Nähe mit Pfefferspray angreift. Nun ist auch per Video auf G8-TV.org ein Fall während einer Sitzblockade am westlichen Tor des G8-Zauns dokumentiert – via Last Blog On Earth.

Bitte auch das folgende Video von gestern beachten, das dokumentiert, wie die Polizei den Zugang von Rechtsanwälten zu Richtern und Inhaftierten behinderte. Anders gesprochen: Die Polizei schert sich einen Teufel um Gewaltenteilung und Rechtsstaat: Rechtswidrige Zustände im Gefangenensammellager Rostock.

Sieht man ein Interview wie das folgende eigentlich auch in den „tagesthemen“ oder im „Heute Journal“? „Bericht zu Kavala und polizeilichen Maßnahmen gegen DemonstrantInnen. Der Anwaltsnotdienst schildert Ereignisse der vergangenden Tage (5.6.)“: Allgemeine Repression

Hatte ich bereits gepostet, passt hier aber unbedingt hinein: Spiegel online zeigt ein Video unter dem Motto: Wie eine Perücke zur Straftat wird – via YiGG.de.

Weiterer Beiträge zum Thema:
G8: Dokumentierte Polizeigewalt I
“Armselige Leistung die Medien” und Gewalt der Polizei

. Trackbacken . Thema: G8 2007

G8-Fazit: Aufatmen und blitzschnelle Gegenöffentlichkeit (Update)

9.06.07 um 19:29 von Ralph

Das ist ein Grund zum Aufatmen: Es gab nach der Gewalt in Rostock und bei den Blockaden rund um Heiligendamm keine Eskalation, kein zweites Genua. Auch wenn die Polizei in Rostock und um Heiligendamm punktuell gewalttätig gegen Demonstranten vorging und sie in Käfige einsperrte, auch wenn es nach Sachlage realistischer wird, dass die Polizei mit Hilfe von Polizeiprovokateuren die Gewalt in Rostock erst anstachelte, die G8-Kritiker haben sich ihr Recht auf zivilen Ungehorsam und Widerstand nicht nehmen lassen.

Die zum großen Teil sehr jungen Globalisierungskritiker haben sich erfolgreich gegen die Einschränkung ihrer demokratischen Rechte gewehrt und sind in die „verbotene Zone“ bis zum „Sicherheitszaun“ vorgedrungen. Sie haben friedlich, mutig und hartnäckig Straßen blockiert, haben trotz massiver Behinderungen seitens der Polizei ihre Camps aufgebaut und halten können, haben sich durch die massive und auch gewaltbereite Polizeipräzenz nicht den Mut zum Protest nehmen lassen und konnten sogar Sympathien bei den Anwohnern gewinnen, weil die Menschen vor Ort u.a. erlebt haben, dass es eben keine „gewaltbereiten Chaoten“ sind.

Am 2. Juni sah es dagegen düster aus um die G8-Proteste. Blogger wetterten wütend und empört über die Gewalt des „schwarzen Blocks“, der „Autonomen“ und „linken Chaoten“, manchmal so wie es die BILD nicht hätte besser tun können. Ich war erstaunt wie schnell der Sündenbock ausgemacht war, blieb aber skeptisch. Ich habe mit der Bereitstellung von aktuellen Linksammlungen kurz nach dem WTC-Anschlag und vor Beginn der Angriffskriege gegen Afghanistan und den Irak 2003 gelernt, das ein Teil der Online-Presse sich hochzieht an Gewalt, anstatt zu informieren, zu recherchieren und zu hinterfragen.

Selbst ein skeptischer und gebilderter Blogger wie der Spiegelfechter gab nach kurzer Zeit selbstkritisch zu, dass er sich durch die Gewaltberichterstattung der Medien beeinflussen lassen habe in seinem Urteil über die Gewalt in Rostock. Insgesamt war der Spiegelfechter für mich in den letzten Tagen das ergiebigste Weblog in Sachen G8-Protest und Medien, zumal dort eine lebendige kleine Community die Artikel mit weiterführenden Links und Kommentaren fütterte (die Links sind unten).

Die Blogosphäre wäre nicht die Blogosphäre, wenn nicht ihre aufmerksamsten Akteure blitzschnell als Korrektiv der etablierten Online-Presse auftreten würden. So wurde zum Beispiel die DPA-Falschmeldung – BILD-Kurzfassung: „Wir müssen den Krieg in diese Demo tragen“ – im Weblog des Spiegelfechters als Falschmeldung entlarvt und Stefan Niggemeyer schrieb bereits knapp 3 Tage später – solange brauchte die DPA, um die Meldung zu korrigieren – die Chronlogie einer Falschmeldung. Sie zeigt traurigerweise, wie unkritisch und unreflektiert die etablierten Medien arbeiten. Sie zeigt zudem, was sich nun in den Köpfen der Menschen, die sich nur oberflächlich informieren, über den Rostocker 2. Juni 2007 gefestigt haben dürfte. Insgesamt dienen die „Krawalle“ nun den demokratiefeindlichen Kräften in den Parteien und im Staat als Vorwand, um linken Widerstand offensiver zu kriminalisieren, wie ein Spon-Artikel vom 9. Juni vermuten läßt: Regierung will Autonome stärker überwachen.


foto-welt03.jpg

Ich weiss nicht, wie das andere Blogger wahrnehmen, die in den letzten Tagen gegen die etablierten Medien und ihren „gewaltgeile“ Berichterstattung angingen, aber ich hatte das Gefühl, dass das kritische Infragestellen der Blogger zumindestens Spiegel online wieder auf einen sachlicheren und ausgewogeneren Weg brachte.

Insgesamt bewerte ich die Berichterstattung von Spiegel online, Netzeitung, Focus.de, n-tv, Welt, NDR gerade in den ersten Tagen als manipulativ, sensationsheischend und unsachlich. Jens Berger hat das in seinem Text MedienGAU Rostock sehr kompakt auf dem Punkt gebracht. Allein die Headlines und gewählten Fotos suggerierten in den ersten Stunden der Gewalt in Rostock Eskalation in einer Weise, die nicht nur mich vermuten liess, dass man sich die Eskalation sehnlichst wünsche. Der Zynismus der Redakteure und Journalisten wurde später in nicht wenigen Weblogs als solcher erkannt und es wurde dagegen angeschrieben und kommentiert.

Auch wenn aus meiner Sicht nur ein kleiner Teil der Blogosphäre an der Herstellung einer blitzschnellen „Gegenöffentlichkeit“ teilnahm, wer sich aber über diesen Teil des Webs informierte, war sehr schnell über die dreistesten Manipulationen auf dem Laufenden: Ich erinnere an die angebliche Herstellung von Molotow-Cocktails, an die Diskussionen, Bilder und Videos, die Polizeigewalt aufdeckten und verdeckte Ermittler und Polizeiprovokatuere in Rostock und bei den Blockaden dokumentierten. Thematisiert wurden auch die „Gefangenensammelstellen“ und unwürdige Behandlung der festgenommenen Demonstranten, zudem der Einsatz von Feldjägern, der die Frage aufwarf, ob die Bundeswehr illegal eingesetzt würde. Ein Höhepunkt kursierender Falschmeldungen war der Vorwurf, dass die „Rebel Clown Army“ „chemische Flüssigkeiten gegen Polizisten“ eingesetzt haben soll, wie das DDP und NDR anfänglich verbreiteten, wobei der NDR das still und heimlich zurücknahm. Die Polizei machte die Meldung „glaubwürdig“, in dem sie von 8 Beamten sprach, die im Krankenhaus behandelt werden müßten.

Ich sprach oben vom Aufatmen, da die Gewalt nicht eskaliert ist. Das haben wir nicht dem Staat, sondern den Demonstranten zu verdanken. Nach dem ersten Aufatmen fängt die eigentliche Arbeit für alle demokratischen Kräfte erst an. Denn es geht nun darum, die Polizei für Rechtsbeugung, Gewalt und Provokation zur Verantwortung zu ziehen, es geht um Klagen gegen die Polizei, aber auch um weitere Berichte und Informationen aus der Blogosphäre.

Das ist ein Grund für mich, weitere Links unter diesem Artikel vorzustellen, wobei sich die ersten an diejenigen Leser richten, die die letzten 7 Tage nicht verfolgt oder sich nur über die etablierten Medien informiert haben. Schön wäre es, wenn der geneigte Leser diese Links in den Kommentaren erweitern würde, wenn sie Neuigkeiten hergeben. Ich denke, es wird in den nächsten Wochen noch einiges ans Tageslicht gefördert werden, was das Ausmaß repressiven staatlichen Handelns sichbar macht.

Update: Erfreulich: Grüne und Linkspartei wollen das Vorgehen der Polizei während des G-8-Gipfels untersuchen lassen, während die Polizei auf einer Pressekonferenz sich ganz toll findet. Und GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg lobt seine „übermenschliche“ Polizei in höchsten Tönen: „Unsere erfahrenen Einsatzkräfte wissen am besten, wie friedliche Demonstrationen zu schützen und kriminelle Gewalttäter aus dem Verkehr zu ziehen sind.“

Weiterführende Links

9 Kommentare . Trackbacken . Thema: G8 2007

„Verdeckte Ermittler“ für was? (Update)

8.06.07 um 16:05 von Ralph

Spiegel online: Polizei bestätigt Einschleusen von Zivilbeamten. Im law blog heißt es: Polizei: Undercover im Schwarzen Block. Dort wird zudem auf eine Pressemitteilung der Polizei von Mecklenburg-Vorpommern hingewiesen. Dort heißt es:

Der Einsatz solcher zivilen Kräfte ist Bestandteil der Deeskalationsstrategie und dient ausschließlich der beweiskräftigen Feststellung von Gewalttätern.

Gestern noch wurde von einem Polizeisprecher behauptet, es sei kein Zivilpolizist unter Demonstranten eingesetzt worden. Zudem fragt Udo Vetter im law blog:

Vor allem sollte nun auch die Frage gestellt werden: Wie viele Zivilbeamte befanden sich letzten Samstag im Schwarzen Block? Und wieso sind sie den Gewalttätern nicht unangenehm aufgefallen, wegen ihrer plötzlichen Zurückhaltung, als Steine flogen?

Update: Mir fällt jetzt erst auf (da es bereits falsch weiterverbreitet wird, siehe Nun ist es offiziell – Die Polizei ist undercover im Schwarzen Block), dass die Überschrift “Polizei: Undervocer im Schwarzen Block” irreführend ist, da es konkret um einen verdeckten Polizeibeamten während einer Blockade “vor der Kontrollstelle Galopprennbahn” geht. Dort waren überhaupt gar keine Schwarzen Blöcke. Ob es verdeckte Ermittler oder gar „Agent Provocateurs“ am 2. Juni in Rostock gab, als die Steine flogen, ist eine andere Frage, auf die es wohl erst einmal keine eindeutigen Antworten geben wird.

Weiterer Beitrag zum Thema: G8-Blog-Blick: Über Provokateure und Feldjäger

. Trackbacken . Thema: G8 2007

G8 Video: „naked violence“

8.06.07 um 15:36 von Ralph

Es lohnt sich wieder, bei g8-tv.org vorbeizuschauen, um einen Eindruck von den Protesten und Blockaden rund um Heiligendamm zu bekommen. In einem Video berichtet ein „Demoarzt“, dass es Solidarität aus der Bevökerung gäbe und dass sich die schlechte Stimmung gegen die Demonstranten gewandelt habe. Ein anderes Video zeigt eine Gruppe nackter Demonstranten, die gegenüber einer Polizeikette skandiert: „Wer uns anfasst ist pervers“. Ha Ha: naked violence.

. Trackbacken . Thema: G8 2007

Unser kleines Guantánamo: „Gefangenensammelstellen“

8.06.07 um 13:13 von Ralph

Den kritischen und schnellen Bericht der tageschau über „Gefangenensammelstellen“ habe ich bereits unter G8-Proteste: Geruhsamen Morgen zur Presse- und Blogschau vorgestellt. Weitere Texte:

Spiegel online berichtet mit Video über „Gefangenensammelstellen“ der Polizei. Anwälte kritisieren Käfighaltung von Gefangenen. „200 Leute“ sollen dort festgehalten werden. Nach Schätzung des Republikanischen Anwältevereins (RAV) sollen es im Durchlauf 1200 Menschen gewesen sein, die diese Polizeibehandlung miterleben durften. Die drei Sprecher der „Polizei-Sondereinheit“ „Kavala“ geben sich ahnungslos, sie wüssten nichts von Käfigen.

Interview mit dem Elektriker Klaus Döweland, der am Dienstag dort „verschleppt“ worden sei. jW: »Wir waren nur Nummern«. Aber die Polizei kann auch „gnädig“ sein beim Verteidigen von Grundrechten:

Unsere Gruppe wurde in ein aus Polizeifahrzeugen gebildetes Viereck, das von Beamten umzingelt war, gewissermaßen eingepfercht. Wir mußten dort eine Dreiviertelstunde im strömenden Regen ausharren. Nach etwa 15 Minuten war die Polizei so gnädig, wenigstens eine Frau mit einem Kleinkind ins Trockene zu lassen.

Desweiteren de.indymedia.org über die Zustände in den Gefangenensammelstellen:

Dem Legal Team/Anwaltsnotdienst liegt der Fall eines belgischen Staatsbügers vor, der zum Zeitpunkt dieser Meldung seit dem 6. Juni, also über 24 Stunden und eine Nacht, unter diesen Bedingungen festgehalten wird. „Wie im Zoo“, so bezeichnet der Mann die Art seiner Unterbringen. Gegen ihn wird nicht strafrechtlich ermittelt.

Im Weblog I_tend_to_be wird unter dem Titel Bericht des Legal-Teams / „Vorsicht Kamera“ betont:

Zur Dauer der Ingewahrsamnahmen stellte das Landgericht Rostock gestern in einer Entscheidung fest, dass es sich bei einer Ingewahrsamname, die 7,5 Stunden gedauert hatte, schon nach 2:20 Std. um rechtswidrige Freiheitsberaubung gehandelt hatte.

Update: Ein paar Reaktionen aus der Blogoshäre: Herr Vetter empört sich über die Käfighaltung und fragt: „Wo schöpfen die Architekten solcher Anlagen ihre Inspiration? Aus Guantanamo?“ Im Politblog titelt der Blogger Guantanamo an der Ostsee und traut sich das Wort Rechtsstaat „kaum noch in Mund zu nehmen“.

gefangenensammelstellen.jpg

4 Kommentare . Trackbacken . Thema: G8 2007

G8-Proteste: Geruhsamen Morgen zur Presse- und Blogschau

8.06.07 um 02:04 von Ralph

§1 Das Bundesverfassungsgericht habe den Sternmarsch der G8-Gegner verboten, bewerte aber zugleich „das Sicherheitskonzept der Polizei“ als „verfassungswidrig“, dazu Telepolis: Durchbruch bei Heiligendamm. Derweil wird der Protest hier und dort „verfassungswidrig“ weg vom Zaum geprügelt, eine verfassungsheilige Polizeitaktik sei Dank. Aber der Erfolg lies nicht lange auf sich warten, auch wenn es nur eine Frage ist: Versammlungsverbote verfassungswidrig, aber notwendig?Update: Das law blog hat einen Satz mit Zukunft entdeckt und Der Alphablogger hört „eine schallende Ohrfeige für Schäubles Machenschaften“.

§2 Ich befürchtete schon, dass alle hier mitlesenden Nachhaltigkeitsblogger den G8-Gipfel auf dem Bauernhof oder der Terrasse verpennen. Doch das war, wie so oft im Leben, eine Täuschung. Jens sprang in die Bresche, da ihm spontan einige konkrete Beispiele einfielen, wie „Staat, Polizei und Verfassungsschutz“ Gewalt anstachelten, siehe G8: Staatsgewalt und Medien generieren die gewünschten Nachrichten.

§3 Kleiner Presse(rück)blick für Leute, die gerade aus dem Urlaub kommen und kompakt über Aspekte der Desinformation informiert werden möchten: Deeskalation nicht verstanden. Dort auch den Link zum Quiz Qualifikation? Journalist! gefunden. Und staun an, die tageschau online mit einer Reportage aus der Gefangenensammelstelle Rostock ohne Spuren von Spon-Paranoia.

§4 Schaut an, die NachDenkSeiten sind fertig mit Nachdenken und wissen: Wer nur noch Gewalt sieht, gibt die Demonstrationsfreiheit auf. Man könnte auch titeln: Das ewige Elend der Massenpresse.

§5 Freitag bereits am Donnerstag mit der Frage: „Gab es je wirklich eine Entscheidung für den so genannten Deeskalationskurs, dessen Scheitern schadenfroh proklamiert wird?“ Ist das jetzt rhetorisch oder schon Wahrheitsfindung? Ein Hubschrauber hoch im grauen Himmel.

§6 Ad Hoc, Kollegen: Anwaltlicher Notdienst: Polizei setzt vermummte Zivilbeamte ein. Hat beim Anwaltlichen Notdienst auch das GEZ-TV einmal angefragt?

§7 „Mutmaßlicher Polizist der Polizei übergeben“ schreibt ngo-online und titelt hinzu: Polizei soll vermummte Zivilbeamte als Provokateure eingesetzt haben. Reizend der Hinweis auf eine Gas-Beigabe der Polizei:

Brisant ist auch ein Vorwurf, den die zum Lager der G8-Kritiker gehörende Pressegruppe Campinski erhebt. Danach habe die Polizei bei ihrem Vorgehen gegen Demonstranten am vergangenen Samstag Wasserwerfer eingesetzt, deren Ladung Tränengas beigemischt gewesen sei. Dies hatten auch Presse-Fotografen vor Ort berichtet. Unter den G8-Kritikern kursieren Berichte, dass auch am Mittwoch wieder entsprechende Wasserwerfer im Einsatz waren. Bei der Polizei heißt es dazu, eine „Beimischung von Reizgas“ gebe es nicht.

§8 Als ob wir mit „potentiellen Mördern“ in Rostock nicht schon genug Leid ertragen haben müssen, jetzt meldet eine Site auch noch Simultane Aggression um 15:00 Uhr und fragt: „Würden krawallwütige Autonome diesen Kampfplatz wählen?“ Aber Leute, so tief will doch niemand mehr in die Materie eindringen, wo doch die Gewalttäter bereits verurteilt werden.

§9 Das ist ein Statement, das die Hochredner der etablierten NGOs ins Schwitzen bringen sollte. Mit emphatischem Interesse gelesen im taz-Artikel: Inhalte? Welche Inhalte?

Die meisten Teilnehmer dagegen waren junge Leute im Alter zwischen 16 und 23. Die meisten von ihnen haben kaum mehr als ein diffuses Gefühl, dass sie keine Lust haben auf eine Welt, deren Utopie sich in Aktiengewinnen, Selbstunternehmertum und vollständig epilierten Körpern erschöpft. Dieses Bedürfnis ist legitim und verständlich. Und: Die zumeist ebenfalls jungen autonomen Gruppen mit ihrem laut skandierten „a-anti-anticapitalista“ waren deutlich näher dran an den Befindlichkeiten des Gros der Teilnehmer als das Geschwätz auf der Bühne. Junge Protestler bevölkern auch die aus allen Nähten platzenden Aktionscamps: internationale Orte des Zusammenlebens, Kennenlernens, Diskutierens und Lernens, die auf überraschend erholsame Weise frei sind von Statussymbolen und Werbung.

§10 Gute Nacht Focus (wer erklärt denen den Begriff Kultur? Hoffnungslos, ich weiss), allein wegen der Ballermann-Polemik gegen Herbert Grönemeyer. Ein paar klare Worte in der ARD tun den notorischen Beifallklatschern auf jeden Fall gut und das Grönemeyer-Interview in der taz vermittelt mehr als die meisten Medienstars in Deutschland öffentlich zu Denken in der Lage sind. So!

3 Kommentare . Trackbacken . Thema: G8 2007

Gewalt in Absurdistan

7.06.07 um 14:18 von Ralph

Gedankt sei sum1 für seine Idee, die besten Bilder der Proteste rund um Heiligendamm zu zeigen, um die geradezu absurde Lage deutlich zu machen, in der Kriegsverbrecher wie Bush, Blair und Putin vor friedlichen Demonstranten mit brutaler Polizeigewalt geschützt werden.

beste-bilder-g81.jpg

Passend wie die Faust aufs Auge lege ich ein Zitat von Friedrich Schorlemmer aus der aktuellen Freitag dazu, der unter Eingezäunte Staatenlenker – Zu viel Angst vorm Volk schreibt:

Sollten die G 8-Staatschefs, die sich ohne ein internationales Mandat versammeln und über wesentliche Zukunftsfragen beraten, nicht froh sein, dass es eine wache demokratische Öffentlichkeit gibt, die auf eigene Kosten aus aller Welt anreist, um gewissermaßen in „Hörweite“ auf dringend zu lösende Probleme aufmerksam zu machen? Sollten sie nicht froh sein, dass es Zeitgenossen gibt, denen das Schicksal nicht nur ihrer eigenen Länder, sondern unserer Welt am Herzen liegt, ohne dass sie davon etwas „haben“?

Die G 8-Kritiker setzen etwas ein und setzen sich für eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung in der globalisierten Welt ein, in der Marktgesetze weithin darwinistisch wirken – ihnen geht das Elend der Armen und Armgemachten in der Welt (vorrangig in Afrika) nahe, sie verlangen fairere Handelsbedingungen und wirksamere Aufbauhilfen. Sie machen sich eine Mehrgenerationenperspektive zu eigen, wenn sie auf das parasitäre Verhalten der Menschen hinweisen und grundlegende Korrekturen fordern. Sie stellen sich dagegen, die Natur lediglich als ein auszubeutendes Objekt zu betrachten, und wollen verhindern, dass die Regenerationsfähigkeit unseres Planeten irreversibel überstrapaziert und zugunsten heutigen Wohlstands ein Klimawandel riskiert wird, dessen Folgen unabsehbar sind.

Es geht also um weit mehr als die Sicherheit der hohen Herren (und der hohen Dame) – es geht um die Überlebensfähigkeit der Welt. Es geht darum, sie nicht länger auf Kollisionskurs zu halten. Die G 8-Protestbewegung repräsentiert augenblicklich das Weltgewissen. Die Regierenden täten nicht nur gut daran, sondern würden ihre Pflicht erfüllen, wenn sie alles daran setzten, den Dialog zu suchen – wenn sie miteinander alles täten, damit die Anwendung von Gewalt unterbunden bleibt. Daran müssen alle ein Interesse haben, auch diejenigen, die auf eine strukturelle Gewalt in der Welt hinweisen, die einen kriegerischen Kurs bei Konfliktlösungen (auch des Terrorismus) ablehnen, denen das Schicksal der Weltmeere und der Urwälder nahe geht, die gleichfalls in unverantwortlicher Weise Gewalt ausgesetzt sind.

Es liegt schließlich im Interesse aller, was da im Kempinski-Hotel von Heiligendamm verhandelt wird, genauso wie all das, was auf den Foren, Kundgebungen und Demonstrationen der G 8-Kritiker zur Sprache kommt. Man muss dieses Potenzial nutzen, aber gleichermaßen gegen alle antreten, die auf Randale aus sind und damit die Anliegen der G 8-Protestbewegung desavouieren.

Was aber ist in den Innenminister und die Sicherheitskräfte gefahren, dass sie so martialisch auffahren, allein mit 16.000 Polizisten, mit massiven Einschüchterungsversuchen, mit einer Kriminalisierung im Vorfeld von Demonstrationen und Versammlungen mit Razzien und nun gar mit Geruchsproben zu präventiver Gewalteindämmung?

Welche Erinnerungen kommen da hoch?

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2 Kommentare . Trackbacken . Thema: G8 2007

G8-Blog-Blick: Über Provokateure und Feldjäger (Update IV)

7.06.07 um 13:37 von Ralph

Ich möchte hier einen subjektiven Überblick über zwei wichtige Themen bieten, die zur Zeit in Weblogs disktuiert werden und die man als Korrektiv gegenüber eines Teils der etablierten Online-Presse betrachten kann, die bisher versagt hat und mit ihren Falschmeldungen und reisserischen Headlines eine offensichtlicher werdende repressive Polizeitaktik unterstützen. Betont sei aber, dass bei aller Begeisterung für eine bloggende Gegenöffentlichkeit Skepsis notwendig bleibt (was mir nicht immer leicht fällt, vor allem wenn mir die Wut hochkommt), damit Behauptungen und Vermutungen nicht als Tatsachen verbreitet werden. Indirekte Rede, Zitate und Vergleiche der Argumente sind einfache Mittel im ehrenamtlichen Einsatz gegen Desinformationen und Medienmanipulation. Was nun nicht heißt, dass man auf polemische Kommentare und persönliche Eindrücke verzichten müsse.

Thema 1: Sind Polizeiprovokateure im Einsatz?

Fehler im System titelt G8: Zivilpolizisten sollen zu Randale angestachelt haben und zitiert zwei weitere Weblogs: Da wäre das Punktblog, das fragt: Polizei mitschuld an Protest-Gewalt? und sich dazu hinreissen läßt, eine Polizeiprovokation als „ziemlich gesichert anzunehmen“, wärend das Feierabendblog bei skeptischen Fragen bleibt.

Auch trueten.de fragt: G8: Zivilpolizisten Urheber der Randale? und verweist auf ein Video auf indymedia, dass die Enttarnung zeigen soll, wobei der Spiegelfechter betont, dass es weiterhin eine „Vermutung“ bleibe, da der Mann bisher noch nicht identifiziert sei; und leider auch nicht gefilmt, wie ein anderer Kommentator betont. Zumindestens bemerkenswert ist in dem Zusammenhang ein Foto auf Journalismus – Nachrichten von heute, auf dem ein Mann mit autonomer Anmutung und ein Polizist gemeinsam Spass haben.

Desweiteren noch einmal ein Hinweis auf das hier entdeckte Video, das im Hinblick auf die abnehmende Unwahrscheinlichkeit, dass Provokateure der Polizei auch mit für die Gewalt in Rostock verantwortlich sein könnten, einen anderen Stellenwert bekommt und auf das ich vor zwei Tagen unter Update IX hinwies:

Update II: Beim Spiegelfechter werden von den Lesern weitere Links und Hinweise gepostet. Siehe zum Beispiel: jW: Polizei soll zu Provokateur Stellung nehmen

Update III: Am Freitag den 8.6. hat die Polizei von Mecklenburg-Vorpommern den Einsatz eines eingeschleusten Zivilpolizisten bei der Blockade „vor der Kontrollstelle Galopprennbahn“ bestätigt, am Tag zuvor aber noch behauptet, es würden keine Zivilbeamten in den Reihen der Demonstranten eingesetzt. Die Demonstranten werfen dem Zivilpolizisten Aufstachelung zur Gewalt vor, die Polizei widerspricht und rechtfertigt den verdeckten Einsatz als „Bestandteil der Deeskalationsstrategie“.

Update IV: Im Mark Seibert:Logbuch gibt es eine kontroverse Diskussion über das Video hier oben.

Thema 2: Was machen Feldjäger bei der Polizei?

Gestern einen Teil eines Videos über einen Feldjägereinsatz beschrieben. Princo bemerkt dazu unter dem Titel Einsatz der Bundeswehr im Innern etwas, das mir gestern auch so ähnlich durch den Kopf ging:

Die Entscheidung, ob man über diese Dreistigkeit eher lachen oder weinen sollte, fällt wg. heruntergefallener Kinnlade nicht gerade einfach. […] Ob den beteiligten Personen wohl bewusst ist, welch historische Dimension die dort gezeigten Aufnahmen haben?

Etienner Heindahlen bemerkt unter dem Posting Bundeswehr-Panzer: Amtshilfe oder illegaler Einsatz der Bw im Inneren? sachkundig:

Am Rande bemerkt: der Einsatz landgestützter Bundeswehr-Aufklärungskomponenten ist an sich unnötig. Denn sowohl Zoll als auch Bundespolizei verfügen über entprechende FLIR-/IR-Kameras zur Flächenüberwachung. Hinzu kommen die weitreichenden FLIR-Kameras ausgestatteten Helikopter der Polizeihubschrauber-Staffeln der Länderpolizeien. Mit den voll nachtflugtauglichen Helikoptern lassen sich aus Entfernungen von einigen Tausend Metern auch in völliger Dunkelheit hochauflösende Bewegtbilder in real time in die Einsatzstäbe übertragen. Wozu also sind Bundeswehr-Kräfte nötig?

Der Autor von Gsallbahdr meint: „Je länger die Demonstrationen gegen den G8-Gipfel und die Gegenmaßnahmen anhalten, um so weniger weiß man“, ist aber bereits gespannt darauf, „ob es für den Panzereinsatz tatsächlich eine Legitimation gab“. Nachrichten von heute bemerkt unter dem Titel Polizei provoziert und plündert, Bundeswehr im Einsatz sarkastisch:

Sicherlich haben die beiden Polizisten diesen patriotischen Bundeswehrsoldaten angehalten und ihn darauf aufmerksam gemacht, dass der Bundeswehreinsatz im Innern (noch) nicht legal ist.

Mehr bleibt einem dazu auch bis jetzt nicht zu sagen. Offizielle Statements fehlen bisher und werden wohl auch nicht folgen. Inwieweit der Einsatz illegal war, muss genau geprüft werden.

Update: Schneller als erwartet bietet netzpolitik.org Aufklärung und verweist auf den „Artikel“ „Technische Amtshilfe“ – Bundeswehr hilft bei G8-Sicherung. Fazit: Alles ganz selbstverständlich, man muss es nur „Amtshilfe“ nennen.

5 Kommentare . Trackbacken . Thema: G8 2007

Was ist Kavala?

7.06.07 um 01:35 von Ralph

Wikipedia erklärt Kavala (Bao) auf den Punkt folgendermassen (sehr aktuell gehaltener Artikel):

Der Begriff Kavala bezeichnet eine Besondere Aufbauorganisation (BAO) der Polizeidirektion Rostock, welche mit der Gesamteinsatzführung zum G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm betraut ist.

. Trackbacken . Thema: G8 2007

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