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Unser kleines Guantánamo: „Gefangenensammelstellen“

8. Juni 2007 um 13:13 von Ralph

Den kritischen und schnellen Bericht der tageschau über „Gefangenensammelstellen“ habe ich bereits unter G8-Proteste: Geruhsamen Morgen zur Presse- und Blogschau vorgestellt. Weitere Texte:

Spiegel online berichtet mit Video über „Gefangenensammelstellen“ der Polizei. Anwälte kritisieren Käfighaltung von Gefangenen. „200 Leute“ sollen dort festgehalten werden. Nach Schätzung des Republikanischen Anwältevereins (RAV) sollen es im Durchlauf 1200 Menschen gewesen sein, die diese Polizeibehandlung miterleben durften. Die drei Sprecher der „Polizei-Sondereinheit“ „Kavala“ geben sich ahnungslos, sie wüssten nichts von Käfigen.

Interview mit dem Elektriker Klaus Döweland, der am Dienstag dort „verschleppt“ worden sei. jW: »Wir waren nur Nummern«. Aber die Polizei kann auch „gnädig“ sein beim Verteidigen von Grundrechten:

Unsere Gruppe wurde in ein aus Polizeifahrzeugen gebildetes Viereck, das von Beamten umzingelt war, gewissermaßen eingepfercht. Wir mußten dort eine Dreiviertelstunde im strömenden Regen ausharren. Nach etwa 15 Minuten war die Polizei so gnädig, wenigstens eine Frau mit einem Kleinkind ins Trockene zu lassen.

Desweiteren de.indymedia.org über die Zustände in den Gefangenensammelstellen:

Dem Legal Team/Anwaltsnotdienst liegt der Fall eines belgischen Staatsbügers vor, der zum Zeitpunkt dieser Meldung seit dem 6. Juni, also über 24 Stunden und eine Nacht, unter diesen Bedingungen festgehalten wird. „Wie im Zoo“, so bezeichnet der Mann die Art seiner Unterbringen. Gegen ihn wird nicht strafrechtlich ermittelt.

Im Weblog I_tend_to_be wird unter dem Titel Bericht des Legal-Teams / „Vorsicht Kamera“ betont:

Zur Dauer der Ingewahrsamnahmen stellte das Landgericht Rostock gestern in einer Entscheidung fest, dass es sich bei einer Ingewahrsamname, die 7,5 Stunden gedauert hatte, schon nach 2:20 Std. um rechtswidrige Freiheitsberaubung gehandelt hatte.

Update: Ein paar Reaktionen aus der Blogoshäre: Herr Vetter empört sich über die Käfighaltung und fragt: „Wo schöpfen die Architekten solcher Anlagen ihre Inspiration? Aus Guantanamo?“ Im Politblog titelt der Blogger Guantanamo an der Ostsee und traut sich das Wort Rechtsstaat „kaum noch in Mund zu nehmen“.

gefangenensammelstellen.jpg

Thematik: G8 2007 . .

4 Kommentare

  • 1. War was? « Somlus W&hellip | 8.06.07 um 13:58

    […] Proteste gehen weiter, vermutlich sind Ausschreitungen von Seiten der Polizei provoziert worden. Menschen werden im Gewahrsam in Sammelstellen untergebracht und zu Nummern gemacht, deren Anblick […]

  • 2. Ralph | 8.06.07 um 14:08

    Selbstkritisch muss ich sagen, dass ich bereits beim Schreiben der Überschrift meine Zweifel hatte, ob der Vergleich Guantánamo mit “Gefangenensammelstellen” nicht eine masslose Übertreibung sei, eine Verharmlosung der Zustände in Guantánamo. Und da ich gerne übertreibe, ließ ich mich zu diesem Vergleich hinreissen. Klingt irgendwie auch reisserischer als der Bürokratenbegriff „Gefangenensammelstelle“. Bin ich schon verSPONt?

  • 3. Tadeusz Szewczyk | 8.06.07 um 17:07

    Du, ich musste auch sofort an Guantanomo denken. Die selben Provisorien, Licht die ganze Nacht an, Käfige, keine Privatsphäre, ohne rechtsstaatliches Verfahren, kein Anwalt, keine Presse hat Zutritt, fürs fotografieren wirst Du gleich auch reingesteckt. Keine Versorgung/Verpflegung. Vom Licht anlassen zur Folter wie in Guantanamo (Schlafentzug wegen lauter Musik etc) ist es nicht weit.

    YiGG it:
    http://www.yigg.de/165740_G8Proteste_Anwaelte_krit...

  • 4. Ralph | 8.06.07 um 18:00

    Wenn man dort eine Nachr durchgemacht hat, hat man eine Erfahrung gemacht, nämlich wie die Polizei das Recht beugt, aber man bekommt keinen seelischen und körperlichen Schaden durch Dauerfolter dadurch.

    Wenn ich dann auch noch solche Headlines der terror- und gewaltgeilen Presse lese: Guantánamo an der Ostseeküste – will ich mich erst recht distanzieren.