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Konsum, Alltag und Globalisierung

Rezension: Darwins Alptraum

27. Januar 2006 um 16:30 von Ralph

Ende letzten Jahres hatte ich kurz den Dokumentarfilm Darwins Alptraum von Hupert Sauper vorgestellt. Gestern nun habe ich ihn auf DVD gesehen. Ekel und Trauer blieben zurück.

Wo immer in einer armen Gegend ein wertvoller Rohstoff entdeckt wird, gehen die Menschen im Umfeld des neuen Reichtums elend zugrunde.

Da steht eine Frau in einer Landschaft, die einer Phantasie von Hieronymus Bosch zu entstammen scheint. Überall liegen Haufen großer Fischköpfe, aus denen weisse Maden kommen. Die Frau hängt die Köpfe auf ein Holzgestell. Sie werden für ein Amoniakbad vorbereitet, denn die Fischköpfe sollen an die Armen in der Stadt verkauft werden. Die Frau erzählt, das sie glücklich ist über diesen Job. Eine andere Frau, der ein Auge fehlt, berichtet gehetzt über Vergiftungen durch das Amoniak. Derweil sind die Filetstücke unterwegs nach Europa, denn die Nachfrage nach dem Nilbarsch ist groß.

Dies ist nur eine von vielen erschütternden Szenen, die Hupert Sauper am Victoriasee in Tansania – konsequent unkommentiert – aufgenommen hat. Einst war der Victoriasee ein fischreicher See, bis ein Unbekannter (angeblich ein britischer Kolonialbeamter) den riesigen Nilbarsch aussetzte, der den Fischreichtum radikal dezimierte und das ökologische Gleichgewicht des größten tropischen Sees der Welt zerstörte. Doch der Barsch erfreute sich schnell großer Nachfrage in Europa. So wurden durch die EU Fischfabriken gefördert, die im großem Stil die Vermarktung organisierten. Auf einer Pressekonferenz wird das von offiziellen Vertretern als Erfolg für die Region verkauft.

Doch die Realität sieht anders aus. In Tansania droht eine Hungersnot, viele Menschen leben auf der Straße, Frauen müssen sich prostituieren, AIDS ist weit verbreitet, Straßenkinder schnüffeln sich zu Tode. Die Umgegend profitiert nicht von den Fischexporten, im Gegenteil. Es profitieren nur die Händler, die ein paar Arbeitsplätze schaffen. Es profitieren auch die russischen Cargo-Unternehmen, die die Filets günstig nach Europa transportieren. Und im Laufe der Dokumentation schafft es Sauper, die Piloten zum Reden zu bringen. Einer bestätigt am Ende des Films traurig, dass er für die Kinder in Europa zu Weihnachten den Fisch bringe, für die Kinder in Afrika aber nur Waffen. Waffen, die in die Bürgerkriegsregionen Ruanda, Sudan und Kongo gebracht werden. Aber der Film läßt den Zuschauer allein mit der Frage, warum der Waffenhandel nicht unterbunden wird, das wäre doch nicht die schwierigste Übung für eine Weltgemeinschaft, die es vedient hätte, so genannt zu werden.

Darwins Alptraum erzählt sehr viel mehr zwischen den Zeilen der erzählenden Menschen, ihren Blicken und Handlungen. Der Film hilft, zu verstehen, was konkret sich hinter abstrakten Worten wie massive soziale und ökologische Probleme verbirgt und macht das für die Zuschauer zu einem Erlebnis, das er so schnell nicht vergisst. Zudem wird deutlich, welche Folgen der Konsum so harmloser Güter wie Fisch für Afrika haben kann und dass es für eine echte Unterstützung der afrikanischen Länder dringender denn je ist, sich darüber zu informieren, auf was man gerade steht und gerne konsumiert.

Der DVD liegt ein informatives Booklet bei. Hier erfahren wir, wie der Film entstanden ist, welche immensen Schwierigkeiten und Gefahren in Kauf genommen werden mussten und warum die Regionen um den Victoriasee geradezu versinken in Epidemien, Hungersnöten und Bürgerkriegen. Zudem geht 1 Euro jeder verkauften DVD an die Intitiative Gemeinsam für Afrika.

Thematik: Nachhaltig querweb . .

1 Kommentar

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