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Konsum, Alltag und Globalisierung

Film: China Blue

27. November 2006 um 17:06 von Ralph

In China haben mehr als 130 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen um in den Städten Chinas Geld zu verdienen – oft um ihre zurückgeblieben Familien auf dem Land finanziell zu unterstützen.

China Blue Eine von ihnen ist die 20-jährige Jasmin, die von ihrem Dorf in die südchinesische Stadt „Shax“ geht um dort Arbeit zu finden. Der Film begleitet Jasmin und zwei ihrer Freundinnen bei ihrem Arbeitsalltag in einer Jeans-Fabrik. 14 Stunden am Tag für 2 Euro pro Tag. Wenn eine Lieferung zeitlich knapp wird, müssen die ArbeiterInnen ohne Bezahlung die Nacht durcharbeiten. Den Großteil ihres Lohns schickt Jasmin an ihre Familie, dann kauft sie sich in der Stadt Medikamente um den extremen Schlafmangel und ihre Magenprobleme auszuhalten.

Durch vorgelesene Tagebucheinträge Jasmins und der Dauerpräsenz der Kamera, welche nur durch versteckte Aufnahmen möglich war, enstehen sehr intensive Eindrücke der Mädchen und der Welt in der sie leben. Bilder die auch unser trainierter Geist nicht schaffen wird so schnell aus unseren Gedanken zu verbannen.

Aber der Film erzählt nicht nur von den Arbeiterinnen und dem chinesischen Fabrikbesitzer, er zeigt auch die westlichen Auftraggeber, welche dem Fabrikbesitzer mit ihren Preis- und Zeitvorgaben unter Druck setzen und zieht so die Verbindung zu unseren westlichen Firmen und somit auch zu uns Konsumenten.

Ich habe diesen Film gemacht, weil ich glaube, dass die Globalisierung das wichtigste Thema unserer Zeit ist. Was mich morgens aufstehen lässt, ist meine Wut. Multinationale Unternehmen, die sich für nichts anderes interessieren als für ihren Profit, bestimmen mehr und mehr unser Leben. Indem sie die Medien kontrollieren, tragen sie dafür Sorge, dass eingehende Untersuchungen ihrer Praktiken relativ selten vorkommen. Für mich ist die einzig angemessen Antwort darauf, Filme zu machen, die zeigen, was sie uns vorenthalten wollen.

Regisseur von „China Blue“ ist Micha X. Peled, manchen vielleicht noch bekannt von dem 2002 in USA erschienenen Film „Store Wars: When Wal-Mart Comes To Town“.

Hallo Freund, hallo aus China. Meine Freunde sagen, ich sei sehr süß, deshalb nennen sie mich Little Jasmine. Vor vier Monaten habe ich mein Zuhause verlassen, jetzt lebe ich in einer Fabrik. Ich vermisse meine Eltern, meine Schwester, meine Großmutter und meine Katze. Ich würde Dir sehr gerne die wunderschöne Gegend von Szechuan zeigen. Magst Du die Szechuan-Küche? Meine Freunde und ich haben diese Jeans für Dich hergestellt. Ich hoffe, Du magst die Hose. Liping sorgt für die Gesäßtaschen, Orchid näht die Reißverschlüsse ein und ich schneide lose Fäden ab. Uns wird gesagt, wir könnten glücklich sein, diesen Job zu haben. Ich bin froh, dass ich meine Familie unterstützen kann.
P.S.: Meine Freunde wundern sich, warum ihr alle so groß und dick seid?

Aus einem Brief, den die Textilarbeiterin Jasmin als »Flaschenpost« in einer Jeans versteckt hat, die sie im Auftrag von Wal-Mart herstellt.

„China Blue“ wird zur Zeit auf dem bundesweiten Film-Festival „ueber arbeiten“ in über 80 Städten gezeigt.

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Thematik: Buch und Film,Globalisierung . .

3 Kommentare

  • 1. Michael | 13.12.06 um 23:14

    Hab gerade auch den Film gesehen und war schon bewegt. Klar denken kann ich mir schon, das sie Arbeitsbedingungen schlimm sind, aber das so mitzubekommen ist noch etwas anderes. Hatten im Anschluss noch eine Diskussion über den Film. Hab jetzt dazu einen Beitrag in meinen Blog geschrieben und bin durchs googeln auf diesen Beitrag gestoßen.

  • 2. Béla | 21.12.06 um 10:14

    Ich glaube, dass das „nicht-wahrnehmen“ ohnehin eines DER Probleme unseres heutigen Konsums ist. Wenn wir bei jedem Kauf eines Produktes auch nur annährend Bilder wie aus „China Blue“ im Kopf hätten, wäre unser Konsumverhalten wesentlich anders.

    Ohne diese Bilder, dieses intensive Wissen von diesen Arbeitssituationen fällt es uns leicht diese Themen wegzuschieben.
    Wie oft habe ich gehört: „Ich kann mich doch nicht bei jedem Kauf damit auseinander setzen wie das Produkt hergestellt wurde, dann bin ich ja dauernd beschäftigt mich zu informieren“.
    Dies würde keiner sagen, wenn er gerade einen asiatischen Sweatshop besucht – oder vor seinen Augen ein paar hundert Hektar Regenwald für sein Klopapier platt gemacht werden – warum nicht? Weil er wüsste wie moralisch fragwürdig diese Aussage ist.

    Die Entfernung zwischen dem Ort, an dem das Produkt hergestellt wird, bzw. die Ressourcen gefördert werden, dem Ort also wo es zu den sozialen und öklogischen Katastrophen kommt und dem Ort an dem das Produkt konsumiert wird, macht es uns möglich uns in theoretischen Debatten gegenseitig zu versichern, dass man eh nichts machen kann, Siegel grundsätzlich Schwindel sind usw.

    Weil „wir“ bzw. die meisten durch das theoretische Wissen keinen akuten, drängenden Handlungszwang verspüren. Filme wie „China Blue“ die uns intensiv und eindringlich an die Enstehungsorte unserer Produkte führen, helfen dabei die Entfernung zwischen den zwei Orten aufzuheben und hoffentlich bei möglichst vielen Menschen den richtigen und wichtigen Drang zum Handeln zu erzeugen.

  • 3. Béla | 21.12.06 um 10:14

    Ich glaube, dass das „nicht-wahrnehmen“ ohnehin eines DER Probleme unseres heutigen Konsums ist. Wenn wir bei jedem Kauf eines Produktes auch nur annährend Bilder wie aus „China Blue“ im Kopf hätten, wäre unser Konsumverhalten wesentlich anders.

    Ohne diese Bilder, dieses intensive Wissen von diesen Arbeitssituationen fällt es uns leicht diese Themen wegzuschieben.
    Wie oft habe ich gehört: „Ich kann mich doch nicht bei jedem Kauf damit auseinander setzen wie das Produkt hergestellt wurde, dann bin ich ja dauernd beschäftigt mich zu informieren“.
    Dies würde keiner sagen, wenn er gerade einen asiatischen Sweatshop besucht – oder vor seinen Augen ein paar hundert Hektar Regenwald für sein Klopapier platt gemacht werden – warum nicht? Weil er wüsste wie moralisch fragwürdig diese Aussage ist.

    Die Entfernung zwischen dem Ort, an dem das Produkt hergestellt wird, bzw. die Ressourcen gefördert werden, dem Ort also wo es zu den sozialen und öklogischen Katastrophen kommt und dem Ort an dem das Produkt konsumiert wird, macht es uns möglich uns in theoretischen Debatten gegenseitig zu versichern, dass man eh nichts machen kann, Siegel grundsätzlich Schwindel sind usw.

    Weil „wir“ bzw. die meisten durch das theoretische Wissen keinen akuten, drängenden Handlungszwang verspüren. Filme wie „China Blue“ die uns intensiv und eindringlich an die Enstehungsorte unserer Produkte führen, helfen dabei die Entfernung zwischen den zwei Orten aufzuheben und hoffentlich bei möglichst vielen Menschen den richtigen und wichtigen Drang zum Handeln zu erzeugen.

  • 4. Subster | 17.01.07 um 14:00

    Dieser Film ist ein absolutes Muss! War schwer begeistert, allerdings auch so ein Film der im Anschluss erst einmal eine Stunde zum verdauen erfordert.