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Konsum, Alltag und Globalisierung

Archiv: Februar 2008

Moral der Verblödung

28.02.08 um 17:41 von Ralph

Letztens bei einem Kollegen im digitalen GEZ-Fernsehen eine Dokumentation über den Klimawandel gesehen. Dokumentation ist übertrieben, denn es wurde der Teufel an die Wand gemalt. In Al Gore Manier warf man alles in einem großen Klimawandlungs-Ursachentopf und drohte mit schaurigen Szenarien einer untergehenden Welt. Die Frage, ob vielleicht das Schmelzen dieser und jener Gletscher andere Ursachen als die Erderwärmung haben könnte, wurde erst gar nicht gestellt (von der Erwähnung wachsender Gletscher einmal abgesehen). Differenzierung war tabu, Katastropfenalarm war angesagt. Ökologische Tsunamies aufbereitet für eine gemütliche Schaurigkeit auf dem heimischen Sofa.

Jeder sollte betroffen sein, denn das Hauptwort war das Hauptwort der Populisten namens „Wir“. Es wurde zelebriert von einem Kommentator, der zwischen den Szenarien der Bedrohung eingeblendet wurde und in Nachdenkerpose ins Gewissen der Menschheit moralisierte, dass sich die Balken bogen. Sein braungebranntes mit scharfen Falten durchfurchtes 50+Gesicht ließ mich in seinem Ernst an einen Prediger der Apokalypse denken, der zudem die Verklärung zum Trost gereicht. Dass wir die gute alte Erde doch lieben und achten müssten, dass wir ohne sie nicht leben könnten (hört hört!), dass wir doch nicht alle so böse und zerstörerisch gegenüber Mutter Erde sein dürften. Der Mann hatte rein kein Gefühl für Schmerzgrenzen. Das war pures Moralgeschwätz mit der Beschwörung eines „Wir“ names Menschheit, inszeniert als moralische Erbauung mit Verweis auf die Vernunft.

Die Verklärung des Klimawandels hat einen zentralen Trick der Desinformation, so scheint es. Es ist eben dieser Appell an das Wir. So können Interessenskonflikte, Machtverhältnisse und konkrete Verantwortlichkeiten unterschlagen werden. Somit stellt sich die Frage, was der skeptische Betrachter der Medienaufbereitung von Klimawandel und Ökoboom an Widerspruch anbieten könnte, um der Verblödung auf höchstem Betroffenheitsniveau entgegenzuwirken.

Zentral in meinen Augen ist das Wissen um Interessen und Machtverhältnisse und das läßt sich nur mit konkreter Weiterbildung begreifen. Hintergründe und Wissen bieten viele gut recherchierte Dokumentationen und Bücher, von denen wir hier schon viele vorgestellt haben. Dieses Wissen fragt immer nach den Interessen und nennt die Menschen und Organisationen, die sie durchsetzen, zeigt die Methoden, die angewendet werden, um egoistische Ziele im Sinne der Macht und des Profits durchzusetzen. Monsanto und die Gentechnik ist ein Paradebeispiel.

Die Menschheit an sich gibt es nicht. So wie es viele extrem unterschiedliche Menschen gibt, so gibt es auch extrem unterschiedliche Gesellschaften und Kulturen. Ein Gesetz der Geschichte ist, dass die technologisch und militärisch schwächeren Gesellschaften kolonisiert und ausgebeutet werden. Das ist bis heute nicht anders, es ist nur mehr so offensichtlich. Vor jeder glaubwürdigen Moral kommt die Erkenntnis, dass alle Menschen der westlichen Welt von einer modernen Kolonisierung profitieren und seien sie auch selbst „Opfer“ der Machtverhälltnisse und der Politik im eigenen Land.

1 Kommentar . Trackbacken . Thema: Nachhaltig querweb

arte.tv: Monsanto, mit Gift und Genen

24.02.08 um 21:09 von Ralph

Sollte nicht verpaßt werden: Monsanto, mit Gift und Genen, schließlich wissen wir heute nicht, wie lange es Kritik und solch differenzierten Blick auf die Machenschaften eines Globalplayers noch geben darf.

Dienstag, 11. März um 21.00 Uhr
Dokumentarfilm, Frankreich 2007
Regie: Marie-Monique Robin

Der Dokumentarfilm erkundet das Reich des US-amerikanischen Konzerns „Monsanto Chemical Works“, dem weltweiten Marktführer für Biotechnologie. Heute sind 90 Prozent der angebauten gentechnisch veränderten Organismen „Monsanto“-Patente. Diesen Umstand halten viele für bedenklich.

Sehr lesenswert sind die weiterführenden Links auf der oben verlinkten Seite bei Arte:

7 Kommentare . Trackbacken . Thema: Buch und Film,Wirtschaftspolitik

Sparen loben, Verschwendung leben

5.02.08 um 06:27 von Ralph

Bernward Janzing beklagt in der taz unter dem Titel „Glühlampe raus“ reicht nicht das Fehlen eines Verbandes für Energieeffizienz und analysiert den Selbstbetrug einer „Verschwendungskultur“, die hierzulande zwar seit 30 Jahren das „Energiesparen“ hochhalte, faktisch aber ein „sattes Viertel“ mehr Strom verbrauche als damals. „Verschwenung ist längst so normal geworden wie das Reden übers Sparen“.

Normal geworden seien auch „pseudoinvestigative Reportagen, in denen das Wort ‚Abzocke‘ zum Mantra der Realitätsverweigerer wird“. Und die Schuldigen habe man allzu schnell parat. Dass schlichte Energieknappheit auch eine der Ursachen für Verteuerungen seien könnten, werde konsequent verdrängt. Des Autors Schluss:

Es dominiert bislang im Land eine Ignoranz gegenüber der Effizienz – doch die wird nicht mehr lange währen können. Denn es droht der Kollaps der Ökonomie mangels Rohstoffen; die Natur lässt sich eben nicht überlisten. Wer verantwortungsvoll handelt, muss daher Wirtschaft und Gesellschaft schnellstens auf Energieeffizienz trimmen.

2 Kommentare . Trackbacken . Thema: Energie

Über das liebe Leid mit der Ernährung

3.02.08 um 16:16 von Ralph

Nachdem die nationale Verzehrstudie (Kandidat für das Unwort des Jahres 2008) und ihre wenig überraschenden Ergebnisse veröffentlicht wurden, kümmern sich zahlreiche Medien besorgt um Ernährungsmythen und Ernährungslügen, falsche Ernährungspäpste und richtige Ernährungstipps.

Die Süddeutsche Zeitung gar startete am Wochenende eine Serie über Ernährung und klärt uns über dicke Lügen und dürre Fakten auf (das geniale Wortspiel gibt es nur in der Printausgabe ;-). Zudem weiss der Direktor des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung DIFE in einem Interview zu berichten: „Der Körper holt sich, was er braucht“. Die Frage, warum sich bei vielen Menschen der Körper anscheinend zu oft das Falsche holt, bleibt dabei nicht einmal vage beantwortet. Im Gegenteil, so scheint es mir, verbreitet der Herr Joost selbst Dogmen der Ernährungspäpste, wenn er monokausal erklärt:

Unser Essverhalten hat sich insofern verändert, dass wir weniger Ballaststoffe und mehr hochkalorische Lebensmittel zu uns nehmen als noch vor 30 Jahren. Durch die erhöhte Kaloriendichte werden die Sättigungsmechanismen weniger wirksam.

Aber das Thema ist auch schwierig und viel scheinen wir nicht zu wissen über richtige und falsche Ernährung und welche Rolle darin die Gesellschaft, die Industrie, die Politik und nicht zuletzt der Körper und die gepeinigte Seele spielt. Um so mehr scheinen wir mit Statistik argumentieren zu müssen. So frage ich mich, was man mit einer Aussage wie „nur acht Prozent können ihren Energiebedarf richtig einschätzen (SZ: Essen statt Wissen) überhaupt anfangen soll. Wie schätzt man überhaupt seinen Energiebedarf ein? Gibt es dafür schon elektronische Energieverbrauchsmesser? Achtung: Bauch verliert Fett, bitte einen Snack essen – dieser Hinweis wurde ihnen präsentiert von der Milchschnitte!

Fest steht derweil, das gutes Essen nicht unbedingt teuer sein muss, wobei man berüchsichtigen sollte, dass aus der Sicht eines Hartz IV-Empfängers vor allem im Hinblick auf die steigenden Lebensmittelpreise so gut wie alles teuer ist. Dass es über dieses Thema mittlerweile auch Bücher gibt, passend zum Kochbuchboom, verwundert nicht. Ein vielverprechendes, das ich nicht gelesen habe, möchte ich kurz mit Hilfe zweier Links vorstellen, um mich danach zu verabschieden, denn ich möchte für das Konsumblog über mein Essverhalten nachdenken. ;-)

Das Buch heißt Sterneküche – Rezepte für fünf Euro, näheres dazu auf der Seite des Vereins Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.

4 Kommentare . Trackbacken . Thema: Buch und Film,Ernährung