Konsumblog.de

Konsum, Alltag und Globalisierung

Ethik und Ekel

3. März 2008 um 23:30 von Ralph

In letzter Zeit neige er bei Phrasen wie ethisch und ökologisch korrekt einkaufen zu allergischen Abwehrreaktionen. Es höre sich an wie ethisch moralisch korrekt leben, wie geistig moralische Wende. Die Welt sei ungerecht, es gäbe viel Leid, aber sie, die grüngestrichenen LOHAS-Jünger, diese sich gesund essenden, kleidenden und verbrauchenden Weltverbesserungskonsumenten lebten, immerhin! ethisch korrekt. Diese Ethik gleiche dem Ekel vor sauber und rein, desinfiziert vom Dreck der Welt. Eine Ethik mit scheinsozialer Relevanz, allein zur saturierten und sexy bis coolnessgesättigten Bestätigung der eigenen Trendsucht.

Thematik: Konsumkritik . .

7 Kommentare

  • 1. Christoph Harrach | 4.03.08 um 09:40

    Mein Eindruck: Du schaust Du so sehr auf die Unterschiede und so wenig auf die Gemeinsamkeiten der Menschen – wir sind alle in einem Prozess – die einen am Anfang, die anderen wie Du schon weiter – aber der Weg ist der gleiche.

    Christoph

  • 2. Ralph | 4.03.08 um 16:11

    Polemik heißt nicht gleich, allen gut gewillten Menschen ihren Entwicklungsprozess abzusprechen… Mein Eindruck: Nachhaltigkeit verkümmert ganz ohne Entwicklungsprozess zur inhaltsleeren Pose. Grün ist grad cool, und mehr als über Produkte möchte man gar nicht wissen.

  • 3. Ralf | 5.03.08 um 11:21

    ich muss da Christoph ein wenig beipflichten, es geht nicht mehr um „Nachhaltigkeit“ oder die Rettung der Welt. Der Fokus rutscht schwer dahin, wie ich mein Gewissen grünwaschen kann, indem ich mich als LOHAS, Neoöko oder sonstwie bezeichne, Ökostrom beziehe und Ökotourismus in Thailand mache usw.

    Klar könnte man das als Prozess bezeichnen, doch der Prozess handelt vom nachhaltigem Konsum – also viel und weiter Konsumieren – nicht vom Verzicht.

    Optimistisch: Der Prozess ist erst am Anfang.

    Pessimistsch: Es gibt gar keinen Prozess, es geht nur darum den Konsum aufrecht zu erhalten.

    Realistisch: Der Mensch will sich gar nicht ändern, erst wenn er dazu gezwungen wird.

    Und jetzt?

  • 4. Max | 6.03.08 um 10:56

    Ich denke, wir stehen am Anfang einer Entwicklung.
    Die Endlösung wird wohl eine Mischung aus Verzicht und Umstellung sein.

    Also dem Aufgeben von Gewohnheiten und dem beibehalten ebenjener, nur z.B. durch Technologien verbessert, weiterentwickelt.

    Ganz allgemein betrachtet – in allen Lebensbereichen.

    Dass grün sein Trend ist bedarf keiner Diskussion. Das ist völlig klar. Aber das zu verurteilen, nur weil es das böse Wort Trend schmückt ist ein anderes Ding.

    Mit Sicherheit wird es viele viele geben, die nach dem Abebben der grünen Welle in ihren alten Habitus zurückfallen. Ich glaube aber auch, dass es viele geben wird, die zum Nachdenken und vielleicht auch zum nachhaltigen Handeln angeregt wurden.

    Man sollte also nicht alles gleich verteufeln.

    Weiterhin glaube ich auch ernsthaft, dass die Bio Company Jünger sich schon jetzt in Verzicht üben, auch wenn sie es sich vielleicht gar nicht selbst so bewusst sind – da der Verzicht noch keiner ist, der wirklich weh tut.

    Wie gesagt – wir stehen am Anfang!

    @Ralph: Schöner Text im übrigen! Bringt es bilderreich, angenehm nicht auf den Punkt und trifft gleichsam vollkommen ins schwarze! Nice.

  • 5. Gernot | 6.03.08 um 20:35

    Na ja, da ist mir zu viel Pessimismus drin – wo Licht ist, ist auch Schatten, damit kann ich leben.
    Frech gefragt – ist der neue Toptrend ökokritisch zu sein? Zeigt man dadurch wieder zur „echten“ Avantgarde zu gehören?
    Für mich ist es „das Kind mit dem Bad ausschütten“, denn Kritik die etwas bewirken soll muss konkreter ausfallen -sorry.

  • 6. Max | 7.03.08 um 18:53

    Nein ökoKRITISCH ist das falsche Wort. Der Trend ist, ökologischem Konsum aufgeschlossen zu sein. Wohlgemerkt nur solange es nicht weh tut, was ja in der Natur eines Trends ist.

  • 7. Ralph | 11.03.08 um 19:22

    @Max: „Endlösung“ ist allerschlechteste Wortwahl, einmal abgesehen davon, dass es eine solche niemals geben wird, da Gesellschaften zu dynamisch sind, Veränderungen ständig passieren.

    @Christoph Harrach: Dass wir alle in einem Prozess sind, gewollt oder nicht, ist evident, dass der Weg zum konsumkritischen, umweltbewussten Bürger für alle derselbe sei, wage ich zu bezweifeln, dafür ist jeder Mensch perse zu widersprüchlich, seine persönliche und soziale Lebenssituation und Entwicklung zu ambivalent, zu unberechenbar. Gestern war ich überzeugter Biofleischesser, morgen schon kann ich mir es nicht mehr leisten, gestern noch predigte ich Verzicht, morgen schon scheint mir das neueste technische Gagdet als unverzichtbar.

    Die Unterhose gegen Handystrahlung ist ein gutes Beispiel für den Produktewahnsinn im Kapitalismus, der permament schädliche, wertlose, giftige, gebrauchswertfreie Produkte auf dem Markt wirft, um gegen die tatsächlichen Folgen dieser als böse entlarvten Produkte wieder neue aber gute Produkte zu platzieren, die den „Bewussteren“ (sprich zahlungskräftigeren) unter uns ein besseres, nachhaltigeres Leben verprechen.

    Zunehmend wird verkauft und gekauft für die Pflege des guten Gewissens. „Ökorrekt“ leben zu können, ist aber eine Illusion, und die, die es propagieren, indem sie sich ausschliesslich auf Konsumalternativen berufen, betreiben mehr oder weniger bewusste Augenwischerei. Der Blick auf die Politik kann da bequemerweise entfallen, die Frage, wie „nachhaltig“ die Politik der Regierung faktisch ist, eben auch.

    Die grüne Lifestyle-Bewegung ist apolitisch. Was interessiert den grünen Konsumenten die Menschen in Indien, die sich Waschnüsse nicht mehr leisten können, weil in Europa Waschnüsse stark nachgefragt würden, was interessiert Verteuerung von Grundnahrungsmitteln in Schwellenländern, weil es cool ist, mit Biosprit die Umwelt zu verseuchen. In nächster Zukunft – so meine These – bringt die apolitische Lifestyle-Orientierung der LOHAS-Bewegung, die Kaufen statt sinnvollen Verzicht als Lebenstil propagiert, keinen Fortschritt im Sinne der Nachhaltigkeit. Dazu ist schlicht ein viel stärkerer, nationaler und internationaler politischer Druck von unten und von NGOs von Nöten.